MARGARITA

Cocktail-Experte Hans ist zurück mit einem spritzigen Margarita-Rezept und einer umfassenden kulturgeschichtlichen Einordnung dieses Getränks. Beides wie gemacht für eine besinnliche Neujahrsruhe!

“Darf ich Sie zu einem Tequila einladen? (…) Sie tun etwas Salz auf die Hand, lecken daran …und hopp! runtertrinken! Salud! Erfrischend, was?“[1] So wird Westernheld Lucky Luke vom Polizisten des Städtchens Xochitecotzingo in ein mexikanisches Trinkritual eingeführt. Eine Variante für die ganz Mutigen: nach Einnahme des Tequilashots wird kräftig in ein Stück Zitrone gebissen.

Der Margarita-Cocktail ist die domestizierte Ausgabe dieser barbarischen Trinksitte. Der elegant-harmonische Medium Drink blendet das Tequilaritual zu einer in sich ruhenden Komposition, in der die rohen Geschmacksreize durch ein fruchtig-verbindendes Element in Gleichgewicht gebracht werden. Disclaimer: auch auf dieses alkoholische Getränk trifft das bekannte mexikanische Sprichwort zu, das zu einem mäßigen Gebrauch anregt: ni calvo, ni con dos (bzw. tres) pelucas.

Wurde der Margarita-Cocktail nach der Stummfilmschauspielerin Marjorie King vernannt, der in den 30er Jahren als Ehrengast auf der Rancha La Gloria in Tijuana von Danny Herrera eine mixologische Kreation kredenzt wurde, deren Name die hispanisierte Version ihres Vornamens war? Oder wurde das Getränk im Jahre 1936 vom Barmanager Daniel Negrete auf der Hochzeit seines Bruders im Garci Crespo Hotel in Tehuacan, Pueblo, als Hochzeitsgeschenk für seine neue Schwägerin zubereitet, die Margarita hieß und so gerne Salz in ihre Getränke schüttelte? Oder war es Margaret Salmes aus Dallas, die das Getränk Weihnachten 1948 in Acapulco kreierte, woraufhin die Hilton-Hotelkette den Cocktail auf ihre Menükarte platzierte und ihn weltberühmt machte?

Genug der spekulativen Barstorys. Tatsache ist, dass Tequila, Zitronensaft und Cointreau erstmals im Jahre 1937 im Café Royal Cocktail Book in einem Cocktailrezept kombiniert werden, allerdings noch nicht unter dem Namen margarita. Als gesichert gilt zudem, dass margarita die spanische Bezeichnung ist für daisy (Gänseblümchen) ist; in älteren Rezeptsammlungen war daisy die Bezeichnung für einen Cocktailtypus, bestehend aus einem alkoholischen Basisgetränk, Grenadinesirup und Zitronensaft, auf gestoßenem Eis serviert. Diese Bauart mit einer durch eine fruchtige und eine saure Komponente modifizierten Basis ist in der Margarita erkennbar. Unumstritten ist ebenfalls, dass sich die Margarita erst in den 70er Jahren im Zuge des Tequila-Booms in den USA zum Kultgetränk kalifornischer Studenten und sogar der duften englischen Rockband Rolling Stones entwickelt. Entsprechend rechnet Esquire’s Handbook for Hosts sie (die Margarita, nicht die Rolling Stones) im Jahre 1973 zu den “twelve most useful of all drinks”. Eine erstaunliche Karriere für einen relativen Newcomer in Cocktailville!

Vor kurzem rief Kara Newman in Cocktails with a Twist die Margarita zu “one of the most popular cocktails in the world” aus, und fügt hinzu: “ideal for celebrating”. Das perfekte Getränk also um die Abgabe einer Hausarbeit, die überstandene Boosterimpfung oder den Anfang des neuen Jahres zu feiern. In diesem Sinne: ¡Feliz año 2022!

Zutaten für 2 Drinks:

  • 12 cl Tequila
  • 4 cl Cointreau
  • 2 cl Limettensaft (oder Zitronensaft)
  • Eis
  • Zitrone
  • Salz

1. Reibe den Rand des Cocktailglases mit einer Zitronenscheibe und führe diesen durch ein Häufchen Salz auf einem Unterteller, so dass das Salz am Glas klebt und einen delikaten Crustarand bildet. Dieser vorbereitende Schritt ist an der Hausbar nicht unbedingt notwendig, stattdessen kann man zum Drink auch etwas Salzgebäck servieren.

2. 12 cl Tequila, 4 cl Cointreau und 2 cl Limettensaft (oder ersatzweise Zitronensaft) auf Eis shaken und in zwei Gläser seihen.

Fruchtige Varianten und andere Medium Drinks nach der gleichen Bauart

Margrapita: Tequila, Pampelle, Limettensaft

Margingerita: Tequila, Ingwerlikör[2], Limettensaft

Marosita: Tequila, Rosenlikör, Limettensaft

White Lady: Gin, Cointreau, Zitronensaft

Smoky Salty Sour: Laphroaig, Kakaolikör, Zitronensaft, servieren mit etwas Räuchersalz (mit Dank an Basalt, Utrechter Straße 37, 13447 Berlin)

[1] Morris [Maurice de Bevere] (Text) und [René] Goscinny (Zeichnungen): Lucky Luke, Tortillas für die Daltons. Stuttgart: Delta, 1981 (Original Paris 1971), S. 14. Das mexikanische Nationalgetränk Tequila bildet in dieser Comicgeschichte ein Leitmotiv. Um Averell Dalton gesprächig zu machen, serviert der mexikanische Bandit Emilio Espuelas ihm ein großes Glas des mexikanischen Agavendestillats (“Amigo, schon mal was von Tequila gehört? (…) – [Averell Dalton:] So? Das im Glas ist also Tequila? – [Emilio Espuelas:] Lakkiluuk, Amigo, du sollst nicht leben wie ein Rantanplan!” (S. 26-27). Bei der abschließenden Belagerung des Unterschlupfs der Bande Espuelas‘ wird der Tequilavorrat durch einen Kugelschuss vernichtet, woraufhin ein Feuer ausbricht, das die Banditen dazu zwingt, sich zu ergeben (“Ayay, unser Tequilalager!”, S. 41).

[2] Erhältlich, ebenso wie der für die Marosita benötigte Rosenlikör, in der Preußischen Spirituosen Manufaktur, Seestraße 13, 13353 Berlin.

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